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OMNIA Nr. 2

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Mai 2016 - Ausgabe #02

Mai 2016 - Ausgabe #02 26 Foto: Shutterstock

Erste/r sein Wie wirken wir über unsere Plätze in der Geschwisterfolge auf die Gesellschaft? Deutliche Antworten auf diese Frage liefert ein Projekt, das Jeux Dramatiques als Theaterspielen ohne Sprache mit der systemischen Aufstellungsarbeit verbindet. Ein Bericht von Marion Seidl-Hofbauer In meiner Arbeit mit Grundschulkindern zeigte sich in den letzten Jahren mehr und mehr die besondere Bedeutung des eigenen Platzes. In der Spielvorbereitung nimmt die Gestaltung dieses Platzes die meiste Zeit ein. Mit Hingabe legen die Kinder Tücher, Spitzen, Perlen auf ihr Haus, ihren Platz. In der letzten klärenden Runde vor dem gemeinsamen Theaterspiel ist es der Platz als Erst-, Zweitoder Letztgeborener, der die Kinder zu heißen Debatten verleitet. Erst die Klarheit in der Geschwisterfolge beschert den Kindern ein Spiel in Frieden. Diese Erfahrungen drängten mich zur Frage: Wie bedeutsam ist für uns der Platz in der Geschwisterreihe? Was bietet und was fordert dieser als Erst-, Zweit- oder Letztgeborener von uns? Eröffnen sich an dieser Stelle lebenslange Ressourcen, eine Basis, auf die wir immer zurückgreifen können? Haben Zweitgeborene wirklich Verhaltensweisen, wie es in Diskussionen um „Sandwich-Kinder“ geschildert wird? Wie gestaltet sich die Arbeit für mich als Pädagogin mit vielen Erstgeborenen? Gemeinsam mit Waltraud Kristandl und der Methode „systemische Aufstellung“ begann ich Seminare mit Erwachsenen zu planen. Im Zentrum der Auseinandersetzung stand der Platz in der Geschwisterfolge. Wir spielten mit den Jeux Dramatiques in verschiedenen Seminaren die unterschiedlichen Qualitäten und Ressourcen jedes einzelnen Platzes. Fragen, die im Spiel auftraten, stellten wir auf und betrachteten sie im systemischen Kontext, um so Antworten auf unsere persönlichen Fragen zu bekommen. Spannend waren die Erkenntnisse, was Erst-, Zweit-, Dritt- oder Letztgeborene für unsere Gesellschaft bedeuten. Schnell stellte sich heraus, dass jeder Platz eine eigene, wichtige Aufgabe hat. So ist es zum Beispiel nicht verwunderlich, dass die Welt durch die Erstgeborenen, deren Platz historisch gesehen der Platz der Thronfolge, der direkten Erblinie ist, profitiert. Unsere „Forschungsreise zu den Plätzen in der Geschwisterfolge“ gestaltete sich folgendermaßen: Zuerst experimentierten wir mit einem Impuls in Form von Übungen. Dem schloss sich ein Text an, den wir gemeinsam als Theaterstück spielten. Ich suchte für jeden Platz eine Stelle aus der Bibel, einen historischen Text, eine Biographie, ein Märchen, Zitate und Aphorismen. Jedem Spiel folgte eine Aufstellung. So erlebten wir zum Beispiel das Erstgeburtsrecht aus der Bibel, den russischen Zarenhof, das Leben Peter Roseggers auf einem Bergbauernhof, erfuhren vom Leben der Geschwister Scholl als Kinder der Mitte und von Marie Curie als letztgeborenem Kind. Wir stellten uns den Problemen im Erbfolgekrieg, waren erschüttert über die Folgen des erkauften Erstgeburtsrechts und erlebten einen Tag mit den Brüdern Löwenherz. JEDEM PlAtz SEInE AuFGABE In der Auseinandersetzung mit dem Erstgeborenen-Platz hat sich gezeigt, dass ihm Führungsqualität, Kraft und Verantwortungsbewusstsein zufallen. Mit diesen Qualitäten wirken diese Menschen stärkend auf das System. Kann der Erstgeborene seine positiven Anteile integrieren und leben, wird dies über die Familie und Beruf hinaus Wirkung zeigen. In der Aufstellung zeigte sich aber auch, dass Erstgeborene 27

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